
THE VVITCH: A NEW-ENGLAND FOLKTALE (2015) von Robert Eggers
The VVitch – A New-England Folktale (The Witch, Robert Eggers, 2015)
Es gibt eine Totale in Robert Eggers bildgewaltigem The VVitch, die habe ich in dieser Form noch nie gesehen – zumindest nicht im Film. Im Hintergrund die historisch akkurat nachgebauten, einfachen Häuser der Farm, dahinter vom Wald eingerahmt, darüber der graue Himmel, im Mittelgrund zwei der Protagonisten an einem einsamen Baum, ganz klein nur, doch in einer Präsenz und Schärfe, wie man sie nur aus den Landschaftstableaus historischer Gemälde der Zeit, in der der Film spielt (des 17. Jahrhunderts), kennt. Man geht ganz nah an den Bildschirm, um diesen Ausschnitt, wie zwei Menschen dort ihr Werk verrichten, zu erfassen, so wie man in einer Ausstellung ganz nahe an die Leinwand herangeht, um zu sehen, mit welchen Details sich ein Maler vor Jahrhunderten abgequält hat.
Die Bauten, die Kostüme, die Sprache, das natürliche Licht, einen Großteil der Dialoge und der Musik – alles hat Eggers in seinem Debütfilm dieser Zeit entlehnt, in sage und schreibe vier Jahren Vorbereitungszeit erschaffen (bei etwa einem Jahr Drehzeit). Herausgekommen ist dabei ein Film, dessen ästhetische Wirkung und emotionale Kraft man vielleicht erst wirklich nachvollziehen kann, wenn man einmal einen Tag im Amsterdamer Rijksmuseum verbracht hat.
The VVitch spielt im New England des 17. Jahrhunderts, eigentlich die Zeit der Frühaufklärung, doch deutet nichts in dem Film auf die Aufklärung hin. Gezeigt wird eine puritanische Familie (von durchweg brillanten Darstellern gespielt), die auf ihrer einsamen Farm, von der Gemeinschaft ausgestoßen, mit der Natur – der sie umgebenden und der eigenen – ums Überleben kämpft. Erzählt wird aber auch die Geschichte der puritanischen, fundamentalistischen Religion als kollektive, ja, Psychose. Alle Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen, Wünsche und Träume, alle Plackereien und Entbehrungen, alles Reale, Dingliche und Lebendige in der Familie, auf der Farm und in der Natur, werden von dem Vater, der Mutter und den Kindern in der in sich vollkommen hermetisch abgeschlossenen Wahnwelt der Religion und der Erbsünde wahrgenommen.
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