Nachruf auf RHONDA FLEMING (1923-2020)

Am Mittwoch, den 14. Oktober 2020 ist Rhonda Fleming im Alter von 97 Jahren im Saint John’s Health Center Santa Monica friedlich entschlafen. Sie starb nach einem einwöchigen Krankenhausaufenthalt an Komplikationen nach einer Aspirationspneumonie. Auf ihren Wunsch wurde Rhonda Fleming im Oktober 2020 auf dem jüdischen Friedhof Hillside Memorial Park in Culver City, Los Angeles County, im Familiengrab Ted Manns in den „Akaziengärten“ beigesetzt, wo nicht nur ihrer, sondern unter anderem auch Richard Brooks, Jeff Chandler, Jerry Goldsmith, Sam Katzman, Leonard Nimoy und Shelley Winters gedacht werden kann.

Im Dezember erscheint in der Ausgabe #40 des 35 Millimeter Retro-Film-Magazins mein Nachruf auf Rhonda Fleming. Um nicht zu lange warten zu müssen, hat culturmag.de nun eine etwa um die Hälfte eingekürzte Fassung des Nachrufs veröffentlicht. Mein ganz besonderer Dank hierfür gilt Alf Mayer:

Link zum Nachruf auf culturmag.de

 


Rhonda Fleming in: Zwei rechnen ab (Gunfight at the O.K. Corral, John Sturges, 1957)

 

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Goodbye, little guy! – Nachruf auf DICK MILLER

In den vergangenen vier Monaten, in denen ich mich intensiv um die Fertigstellung und den Vertrieb meines Roger Corman-Buches kümmerte, war mir Dick Miller stets präsent. Und natürlich hätte ich mir einen weniger traurigen Anlass gewünscht, um nach dieser Pause wieder in meinen Filmblog einzusteigen. Denn, wenn Dick Miller in einem Film auftaucht, dann zaubert er mir stets ein Lächeln aufs Gesicht. Und nicht selten lächelt er auch noch zurück, mit seinem so typischen, ironischen, leicht seitlichen Blick von unten herauf, wie der hipster „Shorty“ in dem 50er-Jahre-Rock’n’Roll-Club in Roger Cormans Rock All Night von 1957, seiner ersten Hauptrolle.


Rock All Night
und Sorority Girl (1957)

Viele Hauptrollen hat Dick Miller nicht gespielt, dafür aber, so zählt der Hollywood Reporter auf, in mehr als 175 Filmen und mehr als 2.000 Fernsehauftritten. Er war wohl der bekannteste aller unbekannten Hollywood-Schauspieler, das, was man für gewöhnlich einen „Charakterdarsteller“ nennt, aber wirkliche Charaktere durfte er in seinen Filmen so gut wie nie entwickeln. Und so war da zumeist nur dieses Lächeln und der ironische Blick, direkt an uns gerichtet.

Mit Barboura Morris in A Bucket of Blood (1959)

Richard “Dick” Miller, 1928 geboren, stammt aus einfachen Verhältnissen aus der New Yorker Bronx, 1952 ging er nach Hollywood, um Autor zu werden. Doch statt Ruhm erwartete ihn dort das Hungertuch und kaum Jobs, um überhaupt den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Einen guten Teil seiner sechzigjährigen Filmkarriere sollte sich dies nicht ändern. Nachdem ihn sein Freund Jonathan Haze Roger Corman vorgestellt hatte, spielte er ab 1955 regelmäßig für dessen independent-Kino, nur Ende der 50er in größeren Rollen und einigen wenigen Hauptrollen. Dick Miller wurde zu dem Gesicht in den Filmen Cormans.

Mit Peter Fonda und Bruce Dern in Roger Cormans The Trip (1967)

1970, nachdem Corman seine aktive Karriere als Regisseur beendet und die New World Pictures gegründet hatte, spielte er vor allem für die Regisseure der Corman-Schule, für James Cameron, Barbara Peeters, Jonathan Demme, Martin Scorsese, Allan Arkush, Jonathan Kaplan, usw. – und er wurde nun zu dem Gesicht in den Filmen Joe Dantes. Aber, während andere, die bei Roger Corman ihre Schauspielkarriere begonnen oder dort ihren Durchbruch hatten – Jack Nicholson, Robert De Niro, Peter Fonda, William Shatner, Charles Bronson, Sylvester Stallone, u.v.m. –, New Hollywood prägten und Stars wurden, blieb Dick Miller stets vom Pech verfolgt.

Mit Arnold Schwarzenegger in James Camerons Terminator (1984)

Da passte es dann auch, dass Quentin Tarantino, ein großer Bewunderer des Kinos Roger Cormans und Fan Dick Millers, die Szenen, die er mit ihm für Pulp Fiction (1994) gedreht hatte, herausschnitt. Bis auf eine: Nur kurz sehen wir ihn als „Monster Joe“ im Hintergrund und aus einiger Entfernung aus dem Bild gehen, einen kleinen Mann mit krummen Beinen, traurig wirkend und irgendwie auch schon Abschied nehmend.

Mit John Goodman in Joe Dantes Matinee (1993) und Harvey Keitel in Quentin
Tarantinos Pulp Fiction von 1994 (nicht verwendete Szene)

Dick Miller blieb so immer nur der Status eine Kult-Figur, geliebt von den Fans, gebeutelt von einem sehr schweren, zumeist prekären Leben. Dabei konnte er großartig und zuweilen sehr intensiv spielen, als tragischer Kellner „Walter Paisley“ in dem Beatnik-Schuppen in Roger Cormans A Bucket Of Blood (1959), als „Shorty“ in dem bereits erwähnten Rock All Night, als „Mort“ in Roger Cormans Sorority Girl von 1957 (oberflächlich betrachtet ein Teenager-Campus-Film, in Wirklichkeit ein Underground-Fetisch-Drama), als Sportlehrer „Sam“ in Barbara Peeters’ – leider vergessenem – Film über das female empowerment Summer School Teachers von 1974.

Dick Miller ist am 30. Januar 2019 in Los Angeles im Alter von 90 Jahren gestorben. Am Ende wirkte er doch versöhnt mit seinem harten Leben, mit dem, was er erreicht, aber auch mit dem, was er nicht erreicht hatte. So scheint es jedenfalls in Elijah Drenners sehr sehenswerten Dokumentation That Guy Dick Miller von 2014 immer wieder durch, die von dem kleinen deutschen Label Subkultur Entertainment mitproduziert wurde. Vor allem aber wird er uns weiterhin ein Lächeln auf das Gesicht zaubern, immer dann, wenn er kurz einen Film betritt – und sei es nur als freundlicher Pizzabote, dem gleich wieder die Tür vor der Nase zugeschlagen wird (wie noch 2009 in Joe Dantes The Hole).

Goodbye, little guy!

 

Bild-/Tonträger:

Blu-ray: “That Guy Dick Miller” (Subkultur Entertainment, 2014), Ton: Engl. mit dt. Untertiteln, Bild: 1.78:1.

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